Warum Nicht-Muttersprachler gute Dozenten sind

von | Dez 7, 2020

Wie kommt man darauf eine Schule für Immigranten zu gründen, wenn man selbst Eingewanderte in Deutschland ist? Mirena Höger erzählt hier ihre persönliche Geschichte und erklärt warum Dozenten, die nicht muttersprachlich sind, oftmals die besseren Lehrer sind.

Manchmal erlebt man Phasen in seinem Leben, die so intensiv sind, dass man sich dabei erwischt kurzzeitig in die Rolle des unbeteiligten Beobachters seines eigenen Lebens zu schlüpfen. In dieser Rolle konnte ich 2015 nur staunen, denn alles ging so schnell, dass ich es manchmal selbst kaum fassen konnte. Gerade war ich als frisch getrennte alleinerziehende Mutter arbeitslos geworden, und konnte meinen geliebten Beruf als Deutschdozentin nicht mehr ausüben, da kam mir plötzlich die Idee einfach selbst eine Sprachschule zu gründen. Dann könnte ich schließlich wieder unterrichten.
Es hat immer so etwas von „Start-up Nostalgie“, wenn man davon berichtet, dass man quasi mit Nichts angefangen hat, aber es war so. Ich hatte zu Anfang noch nicht mal Möbel, um einen Klassenraum einzurichten, geschweige denn Räumlichkeiten. Also fing ich einfach an, inserierte in eBay Kleinanzeigen, habe Flyer verteilt und unterrichtete meine ersten Kunden/Teilnehmer buchstäblich am Küchentisch. Dann ging alles ganz schnell, es kamen mehr und mehr Anfragen und ich musste Räume anmieten.

Ein Quäntchen Glück gehört natürlich dazu!

Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort: der Bedarf an qualifiziertem Unterricht für die ins Land strömenden Flüchtlinge war 20115 und in den darauffolgenden Jahren immens hoch.
Ich musste Dozenten einstellen, wir begannen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusammen zu arbeiten und somit konnten wir immer mehr Kurse anbieten.
Das Besondere an meiner Geschichte ist sicherlich, dass ich im Grunde selbst Immigrantin bin. Das liegt zwar Jahre zurück, aber ich bin gebürtige Bulgarin und kam erst 2004 nach Deutschland.
Im Grunde genommen fing alles damit an, dass wir damals in Bulgarien immer die sogenannten „Grippeferien“ hatten. Denn jedes Jahr im Spätwinter, so Ende Januar wurde das Land von einer Grippewelle erfasst, und alle Schüler und Studenten bekamen 2 Wochen frei. Ich studierte damals Wirtschaft, Geschichte und Politik der deutschsprachigen Länder in Russe, einer wunderschönen Kulturstadt, die auch das kleine Wien genannt wird. Meine Cousine lud mich also zu sich nach München ein und ich genoss die freie Zeit im Kreise Studenten.
In Russe hatte ich schon oft Stadtführungen für deutschsprachige Besucher gemacht und technische Literatur übersetzt, daher konnte ich schon sehr gut deutsch. Es fiel mir also nicht schwer mich zurecht zu finden und es kam wie es immer kommt, wen man im Leben eigentlich andere Pläne hat: ich verliebte mich in einem Deutschen. Danach begann das Pendeln zwischen Deutschland und Bulgarien. Erst als meine erste Tochter bereits zwei Jahre alt war, entschloss ich mich dauerhaft in Deutschland zu bleiben.
Das Unterrichten ist seither eine Konstante in meinem Leben und ganz gleich ob als angestellte Dozentin für andere Bildungseinrichtungen oder jetzt in meiner eigenen Schule:

Was mir die Teilnehmer über all die Jahre gegeben haben, kann man nicht in Worte fassen!

Das Interessante an der Sprachschule NOVA ist, dass sowohl ich als auch einige unserer DozentInnen keine Deutsch Muttersprachler sind und ich möchte gerne darauf eingehen, warum das sogar ein Vorteil ist!

Nahezu jeder hofft, dass sein Fremdsprachenlehrer ein Muttersprachler ist. Gewiss ist es nur natürlich, dass wir von jemandem lernen wollen, der die Sprache gut beherrscht und sie fließend sprechen kann. Aber macht es für uns Sinn, so besessen davon zu sein, Muttersprachler als Lehrer zu haben? Hier stelle ich einige Gründe vor, warum Muttersprachler nicht unbedingt gute Sprachlehrer sind.

Muttersprachler wissen nicht, wie ihre Sprache funktioniert.

Kurze Frage: Können Sie mir sagen, wie die Konjugation des Verbs “sein” im Singular der ersten Person im Deutschen lautet? Wenn Deutsch Ihre Muttersprache ist, stehen die Chancen gut, dass Sie keine Ahnung haben, wovon ich spreche, auch wenn Sie dieses kleine Stück Grammatik mühelos verwenden, wenn Sie sprechen.
Obwohl Muttersprachler ihre Sprache perfekt beherrschen, wissen sie im Allgemeinen nur sehr wenig über das A und O ihrer Sprache. Das bedeutet, dass Muttersprachler im Allgemeinen nicht so gut darin sind, die Grammatik zu erklären oder bestimmte Fragen zum Wortschatzgebrauch zu beantworten.
Wenn es um Fragen zum Wortschatzgebrauch geht, stellt man oft fest, dass Muttersprachler in der Regel nie darüber nachgedacht haben, wie oder warum sie ein bestimmtes Wort in einem bestimmten Kontext verwenden. Ihre Antworten auf Ihre Fragen sind oft zu persönlich – ein Spiegelbild der Art und Weise, wie sie die Sprache verwenden, die auf ihrem besonderen Dialekt basiert. Nicht-Muttersprachler hingegen haben in der Regel eine breitere Perspektive, da sie die Rede vieler verschiedener Personen sorgfältig untersucht haben.

Muttersprachler haben vielleicht noch nie eine Fremdsprache gelernt.

Oft ist es so, dass muttersprachliche Ausbilder noch nie eine Fremdsprache lernen mussten. Der Dozent kann völlig einsprachig sein, wie in vielen Klassenzimmern, in denen die Zielsprache auch die Unterrichtssprache ist. Eine weitere häufige Situation ist, dass der Dozent in einer zweisprachigen Umgebung aufgewachsen ist, so dass er mehrere Sprachen sprechen kann, obwohl er nie eine davon als Fremdsprache lernen musste. Wie kann man darauf vertrauen, dass er einem eine Fremdsprache effektiv beibringt, wenn er selbst noch nie eine Fremdsprache gelernt hat?

Nicht muttersprachliche Lehrer können sich besser auf Ihre Erfahrung beziehen.

Unter der Voraussetzung, dass sie wissen, was sie pädagogisch tun, und ein angemessenes Sprachniveau haben, sind Nicht-Muttersprachler eher geeignet, bessere Lehrer zu werden. Sie haben das durchgemacht, was Sie jetzt durchmachen, und verstehen alle Schwierigkeiten, auf die Sie wahrscheinlich stoßen werden. Nicht-Muttersprachler sind in der Regel in der Lage, die Grammatik besser zu erklären und die Ausnahmen und Fallstricke vorauszusehen, die Ihnen wahrscheinlich Schwierigkeiten bereiten werden. Sie haben in der Regel Tipps und Tricks, um den Inhalt zu konzeptualisieren und sich zu merken.
Mehr als alles andere sind Nicht-Muttersprachler oft besser qualifiziert, weil sie das, was Sie zu erreichen versuchen, auch tatsächlich erreicht haben.
Wir haben in unserem Team sehr engagierte Dozenten, muttersprachliche und nicht muttersprachliche, und Beides hat mit Sicherheit seine Vorzüge für die Entwicklung der Hör- und Kommunikationsfähigkeiten  unserer Teilnehmer.  Wir sind unglaublich dankbar im ganzen Team, eine solch wunderbare Aufgabe erfüllen zu dürfen.

Related Posts

Sprachschule NOVA

Ste- Foy Str. 27 65549 Limburg /Lahn Deutschland

info@sprachschule-nova.de

+49 6431 - 56 86 155

Featured

Nachricht an uns